Meine Hobbys

Eine kleine musikalische Reise

Nach meiner Buchdruckerlehre trat ich 1963 dem Verein „Husaren Blau-Weiß Fischenich“ bei und wurde aktives Mitglied im Fanfarencorps. Neben dem Fanfarencorps gab es schon eine Tanzgruppe, welches schon 1957 gegründet wurde. Ein Jahr später wurde neben der Tanzgruppe ein Fanfarencorps gegründet, welches gemeinsam mit der Tanzgruppe, insbesondere an Karneval Auftritte darbot. Ohne irgendwelche Notenkenntnisse erlernte ich die Landsknechttrommel und spielte je nach Gelegenheit auch die Kesselpauken. Alles wurde nach Gehör auswendig geübt und auch gespielt. Außerhalb der Karnevalssession spielten wir bei Fanfarencorps-Treffen und erstritten uns mit der „Festfanfare“ aber auch anderen Musiktiteln viele erste Preise. Die Pokalsammlung wuchs von Jahr zu Jahr ständig an.

Anfang der 70iger Jahre stellten wir fest, dass unser Repertoire mit den Fanfaren, auf Grund dass nur Naturtöne gespielt werden konnten, sehr begrenzt war. Entgegen anderen Vereinen, welche die Fanfaren zum Teil durch Trompeten ersetzten, gingen wir den harten Weg und beschlossen ein Blasorchester zu werden. Neben allen Blechblasinstrumenten, wurden im Laufe der Zeit das Blasorchester durch Saxophone, Klarinetten, Flöten und großes Schlagwerk erweitert. Ich hatte mich damals für die Tuba entschieden, ohne zu wissen was auf mich zukam. Musiklehrer Ferdi Hammermann aus Fischenich, ein ehemaliger Posaunist aus dem Gürzenichorchester, welcher auch Chordirektor und Organist war, hat mir das Tubaspiel beigebracht. Nach ca. 4 Jahren wechselte ich auf Empfehlung von meinem geschätzten „alten Lehrer“ Ferdi Hammermann zum Tubalehrer Hermann Josef Malzkorn aus Brühl, welcher versuchte mir die letzten Tubatöne beizubringen. Einen ähnlichen Weg gingen auch die anderen Mitspieler. Eine Sonntagsprobe und eine in der Woche machten es möglich, dass wir innerhalb kurzer Zeit ein kleines Grundrepertoire hatten, und Märsche, Polkas, Walzer und einfache Konzertstücke spielten und damit schon kleinere Veranstaltungen und Umzüge gestalten konnten.

Zeitgleich in dieser Umstellungsphase fand auch ein Strukturwandel im Tanzcorps statt. Aus einer Husarentruppe mit Tanzpaar wurde nach und nach überwiegend ein Damentanzcorps. Die Husaren waren damit Geschichte. Es wurde zwangsläufig auch der Vereinsnamen geändert in „KG Blau-Weiß Fischenich“. KG steht für Karnevals-Gesellschaft. Es wurde eine vernünftige Satzung gemacht und auch mit dem Status der Gemeinnützigkeit versehen. 1985 fügte sich dem Damentanzcorps eine Kinder- und Jugendgruppe an. Schließlich musste für Nachwuchs gesorgt werden. Eine eigene Musikschule sollte ebenfalls für den Nachwuchs sorgen. Mitglieder eines kleinen, aber spielfähigem „Jugendblasorchesters“ sollte die Basis für das „Große Blasorchester“ sein.

Auch in dieser Zeit, fielen neben dem aktiven „Musikmachen“ für einige Mitglieder, aber auch für mich, weitere Aufgaben an, welches mit „Musikmachen“ aber auch gar nichts zu tun hatte. Ein Verein muss geführt werden mit unterschiedlichen Aufgaben. Es geht nichts von alleine! Wurde der Beitrag derzeit noch in Haussammlungen oder bar bei Versammlungen kassiert, setzte sich nach und nach die Einzugsermächtigung durch, sehr zur Entlastung der Kassierer. Es wurde geplant und organisiert und wenn es auch nur Termine oder Veranstaltung waren. Das jährliche Musikfest war zu jeder Jahreszeit präsent und musste immer wieder an neue Vorgaben und unterschiedlichen Aufgaben angepasst werden. Dies betraf fast alle die im Vorstand tätig waren. Es mussten unter anderem Podeste beschafft, Hiss- und Bannerfahnen, Müllcontainer besorgt werden usw. usw. Die Geschäfts- und Werbedrucksachen mussten auch unter die Mitglieder und Leute gebracht werden. Ganz nebenbei wurde zum „25 Jährigen“ noch eine Festzeitschrift mit Anzeigen und 96 Seiten Umfang erstellt. In dieser Zeit war die Digitalisierung noch in weiter Ferne. Es war alles ein wenig aufwändiger. Mitgliederdateien wurden erstmalig, mit dem jeweiligen Status in die gute alte Karteikarte eingetragen, alles per Handschrift. Voraussetzung war aber eine Erfassung aller wichtigen Daten.

Auch unser Familienabend, welcher zumeist am ersten Dezember-Samstag stattfand, musste geplant und organisiert werden. Es waren alle aktiven Gruppen gefordert, zum Gelingen des Familienabends beizutragen. Quiz, Parodien, Zauberstücke, Playback Darbietungen, Theatersketche mit Lokalkolorit, musikalische Parodien, Tänze usw. wurden aufgeführt zur Freude der Gäste. Alle aktiven Tanz- und Musikgruppen, Senat sowie auch vereinsnahe Personen oder Gruppen beteiligten sich mit Elan an diesem bunten Strauß der lockeren Unterhaltung. Zwischendurch wurde bei Live-Musik fleißig getanzt. Auch Ehrungen der Mitglieder, ob aktiv oder inaktiv, erhielten einen würdigen Rahmen. Eine Tombola, bestückt mit vielen kleinen Gewinnen, zumeist gespendet, aber auch tolle Hauptgewinne rundeten den vergnüglichen Familienabend ab. Eine große Vereinsfamilie traf sich zu diesem Ereignis. Was waren das noch Zeiten!

Aus einem zu Beginn kleinen Blasorchester entwickelte sich im Laufe der Zeit ein „Symphonisches Blasorchester“. Das Repertoire wurde immer umfassender, sodass damit viele gesellschaftlichen Verpflichtungen möglich werden konnten. Kirchliche Veranstaltungen wie Messen aller Art, Prozessionen, Hochzeiten, Beerdigungen aber auch Jubiläen, Festakte, Schützenfeste, Umzüge aller Art, Dorffeste, Tanzveranstaltungen, private Feiern und natürlich unsere vielfältigen Karnevalsauftritte standen in unserem Terminkalender. Nicht zu vergessen sind 46 Musikfeste, welche zuerst nur einen Tag dauerten und später zu drei Tagen ausgeweitet wurde. Wurde der Samstag vom eigenen Blasorchester gestaltet, so kamen sonntags Gastvereine hinzu. Er begann mit einem Festgottesdienst und Frühschoppen. Die Gastvereine und alle Dorfvereine gestalteten den großen Festzug. Am Abend war dann wieder das Große Blasorchester gefragt. Am Montag waren zumeist zugkräftige und namhafte Gruppen auf der Bühne. Den Festplatz (Schulhof) säumten tausende Besucher aus nah und fern. Dieses Fest und war in weitem Umkreis das größte Musikfest in dieser Art. Einschließlich Auf- und Abbau ging da locker eine Woche und manchmal auch mehr drauf. Ohne die fleißige Mithilfe der „Senatsmitglieder“, unter denen sich einige tatkräftige Handwerker befanden, wäre ein Musikfest in dieser Größe nicht machbar. Aber ohne die anderen vielen Helfer, vor und hinter Theke, Imbissbude, Technik, Bierkutscher, Nachtwache und wer weiß wo sonst noch, wäre das ganze Musikfest auch nicht möglich gewesen. Da waren schon Enthusiasten aber auch Idealisten mit am Werk und auch mancher Urlaubstag war nicht nur zum Musikfest fällig. Das Musikfest wurde 2016 erstmalig ersetzt durch „Musik im Park“, unter Platanen auf dem Rosellenplatz. Eine Veranstaltung mit viel weniger Aufwand, aber trotzdem sehr stimmungsvoll war, welches wiederum an dem außergewöhnlichen Ort lag. Es ist auch als Familienfest gedacht, welches gut von der Bevölkerung angenommen wurde. Eine sinnvolle Ergänzung zum Musikfest wurde gefunden, welches leider in dieser Konzeption nicht mehr durchführbar und auch unwirtschaftlich war. Alles Gute geht einmal zu Ende!

Über 40 Mal wurde der Prinzenempfang der Stadt Hürth vom Blasorchester musikalisch begleitet. Was wäre eine Karnevalssitzung ohne Sitzungskapelle? Auch seit mehr als 40 Jahren hat sich das Blasorchester in vielen Sitzungen viele Lorbeeren erarbeitet. Karnevalistische Benefizkonzerte u.a. im „Feierabendhaus“ Chemiepark Knapsack wurden mit großem Erfolg durchgeführt. Seit 1990 wird ein Weihnachtskonzert veranstaltet, welches meist mit einem intensiven Probenwochenende verbunden war, über Register- und Gesamtproben und ein Höhepunkt unseres Musikjahres darstellte. Unsere Pfarrkirche war schon eine Stunde vor Konzert bis auf den letzten Platz gefüllt. An Heiligabend zieht das Blasorchester durch den Ort und spielt an mehreren Plätzen Weihnachtslieder. Am 1. Weihnachtstag erfreut das Blasorchester im Festlichen Hochamt mit „Pauken und Trompeten“ die Kirchenbesucher. Eine schöne Tradition mit hoher Akzeptanz, welche schon seit vielen Jahre, ebenfalls tiefrot im Terminkalender vermerkt ist. Nicht zu vergessen sind zwei CD-Aufnahmen; eine mit Karnevalsmärschen und Potpourris, eine andere mit Weihnachtsstücken aus aller Welt. Es gibt sogar eine Schallplatte, auf der sich alle Hürther Musikvereine, von Chören, Tambour-Corps oder Blasorchestern verewigt haben. Aufnahmen vom WDR4, sei es vom Musikfest oder dem „Musikalischen Frühschoppen“, welche live über den Äther gesendet wurden, waren auch für uns als Hobby-Musiker schon eher außergewöhnlich. Dazu gehört auch ein Auftritt der „Närrischen Hitparade“ vom WDR im Fernsehen.

Neben den Verpflichtungen in unserem Ort Fischenich, der Stadt Hürth und darüber hinaus sind auch einige Konzertreisen zu benennen. Zweimal war das Ziel Lauterbach im Schwarzwald. Es folgte Wertach im Allgäu, Winzerfest in Großheubach, zweimal Wernesgrün im Vogtland, Kempten im Allgäu, Malmsheim bei Stuttgart und Riol (Weinfest) an der Mosel. Für mich unvergessen bleibt die Vereinsfahrt 1980 nach Ostfriesland. Wer hat jemals im Mai eine Karnevalssitzung mit der hiesigen KG in Blomberg/Neuschoo durchgeführt. Wir, mit den Ostfriesen! Es wurde getanzt, geschunkelt und gelacht, an dem der einzigartige Peter Saam in der „Bütt“ einen großen Anteil hatte. Wir waren damals schon der Zeit weit voraus! Weitere Konzertreisen führten auch in einige Partnerstädte der Stadt Hürth. Merhrfach waren wir in Spijkenisse bei Rotterdam NL und einmal in Thetford in England. Als Höhepunkt der Vereinsgeschichte ist die Teilnahme an der Steubenparade 1993 in New York und Philadelphia zu sehen. In dem Jahr sind wir auch mit dem Kulturpreis der Stadt Hürth ausgezeichnet worden. Unser Blasorchester hatte die Ehre auch den Festgottesdienst in der berühmten New Yorker St. Patricks-Kathedrale musikalisch zu umrahmen. Neben der Parade auf der Fifth Avenue war dies schon sehr beeindruckend. Im Übrigen, bis vor mehr als 100 Jahren war diese Kathedrale mit 101 m Höhe, welche äußerlich vom Baustil her Ähnlichkeiten mit dem „Kölner Dom“ aufweist, das höchste Gebäude in New York. Die letzte Konzertreise führte uns 2014 in das bayrische Inntal nach Niederaudorf. Dort spielten wir ein kleines Konzert und im Kloster Reisach am Abend Unterhaltungsmusik mit bayrischen aber auch mit kölschen Tönen, sehr zur Freude der Gäste. Anlässlich 40 Jahre Stadt Hürth (2018) wurde ein Wettbewerb für „Ein Lied für Hürth“ ausgeschrieben. Ein Posaunist schrieb den Text und die Musik im flotten Big-Band-Sound und unser Sänger und Saxophonist übernahm den Gesangspart, den es sowohl im Dialekt wie auch in Hochdeutsch zu bewältigen galt. Der Lohn dieser Arbeit war der 1. Platz, bei großer Konkurrenz. Der erste Platz war immerhin mit 1.000 € dotiert. Auch solche Ereignisse prägen nachhaltig einen Verein.

Viele Menschen haben „Blau-Weiß Fischenich“ durch ihre Taten und Einsatz geprägt. Alle diese Personen aufzuzählen wäre unmöglich. Vier Personen, die mir in meinem Vereinsleben besonders haften geblieben sind, sind durch Zufall auf einem Foto vom Musikfest 1974 zu sehen. Das wären von links nach rechts; Franz Außem, Toni Meyer, Josef Behrend und Josef Klug. Anfangen möchte ich mit Josef Behrend. Er hat uns mit viel Geduld das Fanfarenspiel beigebracht. Josef Klug war von Beginn bis zum Ende Kommandant dieses Fanfarencorps. Ohne das Fanfarencorps wäre niemals ein Blasorchester entstanden. Dann folgt Toni Meyer, in den 70iger Jahren erster Karnevalsprinz unserer Gesellschaft, über 10 Jahre Erster Vorsitzender und wurde später Ehrenvorsitzender. Er war in der damaligen Zeit der Motor unserer Gesellschaft. Diese drei Herren sind leider alle schon verstorben. Zuletzt wäre Franz Außem zu nennen. Er hat in den Anfängen das Blasorchester zu dem gemacht, was es heute ist. Mit mühevoller Arbeit hat er uns als Dirigent in die Geheimnisse der Blasmusik eingeführt. Seine unzähligen, zum Teil noch handgeschriebenen Arrangements, besonders für Karneval, sowie Martins- und Weihnachtslieder sind heute noch festes Bestandteil des Repertoires. Fast drei Jahrzehnte prägte Franz Außem das Blasorchester. Wir tragen zwar voller Stolz den Karneval in unserem Vereinsnamen, sind darüber hinaus viel mehr als das. Die vielen Aktivitäten, auch außerhalb von Karneval, sprechen eine eigene Sprache. Auch heute wird der Verein verantwortungsvoll geführt und die vielen Aktiven und Förderer sind willens die Fahnen weiterhin hoch zu halten. Auch wenn die Zeiten spürbar anders werden. Corona aber auch der Ukraine-Krieg hinterlassen auch in unserem Verein tiefe Spuren.

Zwei Soldaten aus Sierra Leone (Westafrika), welche im Bundessprachenamt in Hürth u.a. die deutsche Sprache erlernten und Militärmusiker ihres Landes waren, haben unser Blasorchester mit Trompete und Saxophon eine Zeit bereichert. Sie haben sich bei uns wohl gefühlt und nicht nur neue Musik gelernt, sondern auch die rheinische Toleranz, Leichtigkeit und Offenheit erfahren. Hier wurde der Gedanke „Musik öffnet Herz und Gemüt“ in die Tat umgesetzt. Das Foto zeigt ihre Verabschiedung auf einer Probe im Hermülheimer Schützenheim aus dem Jahre 2018.

Drei Ereignisse bedürfen einer Erwähnung, welche das Dorfleben mehr oder weniger beeinträchtigt haben. 1978 steht der Saal Hülsenbusch in Flammen. Unser einziger großer Veranstaltungsraum wird in einem Jahr wieder, mit viel Eigeninitiative, aufgebaut. In letzter Sekunde konnte unsere Notenkiste, gefüllt mit kompletten Unterhaltungs- und Tanzmusiknotensätze aus den Flammen gerettet werden. Zum Glück war die Kiste aus Eisen. Ohne diese Noten wären kurzfristige Auftritte nicht möglich gewesen. 2009 fällt fast das ganze Material der KG Blau-Weiß Fischenich auch einem Brand zum Opfer. Musikfestinventar, die Gründungsfahne, Pokale, Urkunden, Uniformen, Noten und Instrumente usw. verbrennen auf dem Dachboden einer Scheune. Es entsteht ein hoher materieller, aber auch ideeller Sachschaden. Das letzte und bedeutendste Ereignis ist aber die Schließung des Hauses Hülsenbusch, welches seit der Gründung von „Blau-Weiss“ auch unser Vereinslokal war. Nachdem ab 1991 zwei Pächter, Willi Pütz und Josef Langen versucht haben, mit viel Herz das Haus am Leben zu halten, ist seit einigen Jahren Schluss mit „Hülsenbusch“. Viele Vereine wurden quasi „heimatlos.“ Dem Dorf fehlt ein großer Veranstaltungssaal, Sängerheim, Gesellschaftsräume, Kneipe und Kegelbahn. Das Dorfleben ist kurzzeitig lahmgelegt. Für Blau-Weiß, aber auch für den Gesangsverein, Kirchenchor und die vielen Kegelclubs müssen neue Probenräume, Veranstaltungsräume aber auch neue Kegelbahnen gefunden werden. Die Schützen, die Fußballer, der Hundeverein, das Martinushaus und die Schule helfen aus. Manchmal müssen wir sogar in die Nachbarorte ausweichen. Die Kegelclubs müssen sich andere Kegelbahnen suchen. Alle im Dorf müssen sich in diesem Falle einschränken und behelfen. Ein geplanter Schulanbau könnte veranstaltungs- und probentechnisch gesehen den Vereinen vielleicht eine neue Bleibe bieten. Die Planungen laufen derzeit, sind aber wegen Corona ins Stocken geraten.

Im Frühjahr 2020, da dachte noch niemand an Corona, habe ich meine aktive Zeit, nach vielen Jahren im Blasorchester beendet. Gesundheitliche Probleme ab Mitte der 90 Jahre haben zeitweise meine Aktivitäten eingeschränkt. Trotzdem habe ich versucht, dass was machbar war, zu machen. Neben früherer Vorstandsarbeit und anderen langjährigen Aufgaben im Verein habe ich musikalisch die Landsknechtstrommel, Kesselpauke, Tuba, einige Jahre auch Posaune, dann wieder Tuba gespielt. Die letzten zwei Jahre habe ich versucht mich im Schlagwerk nützlich zu machen. Eine schöne und kreative Zeit, mit Menschen die das gleiche Ziel und Spaß an der Musik und am Verein haben, geht zu Ende. Viele schöne Erlebnisse und Erinnerungen prägen diese Zeit. Eine Zeit, für die ich große Dankbarkeit empfinde und niemals vergessen werde.

Hermann Görtz,
Dezember 2022

Weitere Infos zur KG Blau-Weiß Fischenich von 1957 e.V

Das Wandern

Wipptal – Von Innsbruck bis zum Brenner

Neben der Musik ist das Wandern ein weiteres Hobby welches mir auch große Freude bereitet. Relativ spät bin ich mit den Bergen in Berührung gekommen, in denen mich die Leidenschaft, von einfachen bis ins Hochgebirge führende Wege, gepackt hatte. Ferienlager mit der Caritas in den 80iger Jahren ins Berner Oberland, Wallis in der Schweiz aber auch nach Pfunders in Südtirol waren meine ersten Begegnungen in dieser für mich neuen Welt. Es waren uns Kinder anvertraut im Alter von 10 – 16 Jahren, welche mehr oder weniger motiviert durch die Berge kraxeln wollten. Mein erster Gipfel in den Alpen war das Stockhorn 2.190 m im Berner Oberland. Mich hatte diese Bergwelt aber sofort fasziniert. Es folgten nun über 40 Wander- aber auch Familienurlaube und dies immer beim gleichen Gastgeber im schönen Tirol. In manchen Jahren führte uns der Weg auch mehr als einmal nach St. Jodok.

Das Stubaital

Durch einen Zufall fand 1989 unser erster Urlaub in St. Jodok a. Brenner statt. Wer jemals die alte Brennerstraße oder Autobahn von Innsbruck bis zum Brennerpass gefahren ist, oder auch umgekehrt, würde nie auf die Idee kommen, hier jemals Urlaub machen zu wollen. Staus an der „Alten Brennerstraße“ waren ein Normalzustand. Aber links und rechts von diesem Chaos befinden sich mehrere Seitentäler, die auch unter dem Begriff „Wipptal“ bekannt sind und einen unterschiedlichen Charme verbreiten. Von Innsbruck aus kommend geht es rechts über Schönberg in das Stubaital, welches sich in ihrer Infrastruktur von allen anderen Seitentälern hervorhebt und auch dementsprechend frequentiert ist. Es gibt viele Seilbahnen, eine gute Gastronomie und Hotellerie. Im Stubaital gibt es ebenfalls viele kleinere Seitentäler, die schöne Wanderziele bieten. Unzählige Gipfel aber auch Almen und Hütten gilt es zu entdecken. Dass das Stubaital etwas teurer ist, sei nur am Rande bemerkt. Aber das „Stubai“ hebt sich von der Infrastruktur schon von den anderen Seitentälern ab. In den anderen Tälern, wie oben schon erwähnt auch „Wipptal“ genannt, öffnet sich eine andere Welt, die man mag, oder auch nicht mag. Ich mag aber die Vielfalt in dieser grandiosen Natur- und auch Kulturlandschaft. Von der „Brennerhektik“ ist in den Seitentälern nichts mehr zu spüren.

Das Geschnitztal

Hinter dem Stubaital liegt, rechte Seite das Geschnitztal. In Steinach biegt das fast 20 km lange Tal ab. Trins und Geschnitz sind die Hauptorte und liegen gut 1200 m hoch. Bergtouren, zu den Tribulaunen, zum Habicht 3.227 m, zu den Feuersteinen mit der Bremerhütte aber auch zur Innsbrucker-, Tribulaunhütte oder Padasterjochhaus mit der Kirchdachspitze 2.840 m oder Hammerspitze 2.634 m sind schon anspruchsvoll. Nicht zu vergessen ist der Blaser, einer der blumenreichsten Berge in Tirol. Im Talkessel wird die Bergwelt immer schroffer und viele Dreitausender vereinen sich dort. Im Talschluss des Geschnitztals liegt die „Lapones Alm“. Ein beliebtes Ziel, welches sowohl von Einheimischen wie auch von den Gästen sehr gerne besucht wird, wegen der schönen Lage aber auch wegen der guten Küche. Aber auch ein Spaziergang zum kleinen Wallfahrtsort „Maria Magdalena“ 1.661 m lohnt sich. Es sind dahin gute 400 Hm zu überwinden. Lifte im hinteren Geschnitztal, Fehlanzeige. Am Taleingang in Steinach, gibt es einen Lift zur Bergeralm und zur Bärenfalle (Mittelstation). Ein weiterer Lift fährt bis unterhalb des Nösslachjochs 2010 m. Von dort hat man einen tollen Blick auf die Tuxer Alpen, Stubaier Alpen und Tribulaune. Der Panoramaweg zum Lichtsee ist sehr schön und mehrere kleinere Gipfel können quasi im Vorbeigehen erreicht werden. Man kann zurück zum Ausgangspunkt Nösslach gehen, aber auch weiter bis nach Obernberg ins Obernbergertal, aber auch nach Trins absteigen.

Das Obernberger Tal

Das zweite Seitental, das Obernbergertal, biegt in Gries, kurz vor dem Brennerpass, rechts ab. Es ist nur ca. 8 km lang, aber ein kleines Juwel. Am Ende des Tales liegt der Obernberger See. Von dort bis zum Portjoch 2.110 m, auch eine Vogelfluglinie der Zugvögel, ist es nicht mehr weit und steht schon mit einem Bein in Südtirol. Über den Grubenkopf 2.337 m, Hoher Lorenzenberg 2.315 m, Kreuzjoch 2.242 m und Sattelberg 2.113 m kann man bis zum Brennerpass gehen. „Achtung Staatgrenze!“ Die Bahn am Brenner bringt alle wieder nach Hause oder zum Ausgangspunkt zurück. Man kann auch vom Portjoch rechts herum, unter anderem zum Obernberger Tribulaun 2.780 m gehen, welches aber schon einiges abverlangt. Viel lockerer geht es auch über den Koatnerberg 2.199 m, Hirschgube 2.124 m und Allerleigrubenspitze 2.131 m bis zum Gasthaus „Waldesruh“. Linke Seite immer mit dem Blick auf den romantischen Oberberger See und der kleinen Kirche „Maria a. See.“ Es führt aber auch ein Weg vom Grubenkopf durch das kleine Fradertal wieder zurück ins Tal. Auch nicht zu verachten ist ein Spaziergang am Obernbergerbach. Der Weg führt vorbei an der kleinen Kirche St. Nikolaus, welche wie gemalt auf einem kleinen Hügel steht und schon manches mal als Filmkulisse gedient hat. Eine historische Mühle liegt auch am Wegesrand. Eine tolle Aussicht auf die Berge, saftige Wiesen und das Plätschern des Baches begleiten einen. Es ist einfach schön und ein Besuch in der Kirche lohnt sich ebenfalls. Im Übrigen, alle Kirchen im Wipptal sind sehenswert. Im Tal gibt es mehrere Einkehrmöglichkeiten, wobei der Gasthof in Vinaders besonders zu empfehlen ist. „Tiroler Küche“ vom Feinsten. Mein Favorit ist der frische Saibling und der fruchtige selbstgemachte Holundersaft. Dem Chef gehört die Küche – die Chefin backt die tollsten Sachen und schmeißt mit der Familie den ganzen Laden. Ein tolles Team im Gasthaus Vinaders. In diesem Gasthaus verkehrte schon König Gustaf von Schweden nach einer Jagd während der Winter-Olympiade 1976 in Innsbruck. Diese Geschichte steht detailliert und zu Recht ganz vorne auf der Speisenkarte und hier war der Gast wirklich ein König.

Das Navistal

Nun wenden wir uns den Seitentälern links der Alten Brennerstraße zu. Von Innsbruck aus gesehen wäre zuerst das Naviser Tal zu nennen. Es ist ca. 10 km lang und wird auch das „Tal der Liebe“ genannt. Besser oder treffender ist der Begriff „Tal der Almen“. Die Naviser Almrunde führt über die Peeralm zur Klammalm, 1947 m, dem höchsten Punkt der Almrunde, weiter zur Poltnalm, Stöckeralm zur Naviser Hütte. Alle Almen haben ihre eigenen Spezialitäten. Man braucht also viel Zeit und auch Trinkfestigkeit. Da kann, je nach Einkehrungen, auch mal über 6 Stunden dauern. Wir haben jedenfalls so lange gebraucht. Ein Almsingen auf der Klammalm hat sogar mal über acht Stunden gedauert, einschließlich Auf- und Abmarsch. Es war aber eine tolle Gemeinschaft und Erlebnis. Aber auch die Sonnenspitze 2.619 m oder der Mislkopf 2.623 m sind schöne Berggipfel mit tollen Aussichten. Ganz am Ende des Tales, in Richtung Kluppental, liegt auch der majestätische Lizumer Reckner 2.886 m mit dem kleinen Staffelsee. Auf dem Rückweg vom Reckner kann man auch über das Kreuzjöchl 2.536 m nach Navis absteigen. Es geht sowohl über die Stöckelalm oder Naviser Hütte, aber auch über die Weirichalm nach Navis. Es sind zum Teil steile aber kurze Passagen zu überwinden. Von Navis geht es zurück mit Bus und Bahn nach St. Jodok. Wandertechnisch sind dies sehr schöne Touren. Noch zu erwähnen wäre der Bendelstein 2.436 m, ein lohnenswerter und schöner Aussichtsberg. Allerdings ist der Auf- und Abstieg nur von St. Ursula / Mauern bei Steinach zu empfehlen. Auch hier an die Tagesverpflegung im Rucksack denken. Leider hatten wir den Bendelstein bisher noch nicht in unseren Planungen berücksichtigt. Das könnte noch eine unserer letzten „großen Touren“ werden!

St. Jodok und seine Täler

Das Beste zum Schluss. In Stafflach zwischen Steinach und Gries, vor dem Brennerpass, biegt eine Straße links ab in das Vals- und Schmirntal. Kurz hinter St. Jodok geht es links zum Schmirn– und rechts herum zum Valstal. St. Jodok gehört zum Valstal. Gewohnt haben wir auf der anderen Seite des Baches, oberhalb vom Bahnhof in St. Jodok. Einige wichtige Begebenheiten sollten nicht unerwähnt bleiben; Oma E. stirbt 2008 im Alter von 92 Jahren und 2012 wird der legendäre Gasthof Post in St. Jodok abgerissen. Über 20 Jahre sind wir dort hervorragend bedient worden. Unvergessen sind die „Stelzen“ (Hämchen auf Tiroler Art) von Köchin Marianne. Fairerweise muss man anmerken, dass das Essen im ganzen Wipptal gut ist. Das Preis- Leistungsverhältnis stimmt und die Gäste wissen das schon zu schätzen. Ich könnte noch viele Gasthäuser, Hütten und Almen mit dem Prädikat hervorragend benennen. In Gries, an der Alten Brennerstraße, schließt Schorsch sein Café. Tolles Eis und grandiose Kuchen! Auch in Tirol findet leider ein Lokalsterben statt. Das Foto von der Post wurde kurz vor dem Abriss gemacht.

Das Schmirntal

St. Jodok mit seinen zwei Haupttälern hat es uns einfach angetan. Man rückt den Tuxer-Alpen mit dem mächtigen Olperer, 3.476 m, schon sehr nahe. Das Schmirntal endet im kleinen Weiler Obern und ist ca. 12 km lang. Dort öffnet sich links die Kluppe, ein Seitental mit Ausgangspunkt zum Lizumer Reckner 2.886 m und zum Kreuzjöchl 2.536 m. Rechts über Kasern führt ein Weg durch den Kaserer Winkel u.a. zum Tuxer Jochhaus 2.310 m. Bei Toldern geht es durch das Wildlahnertal zum romantischen Ramsgrubensee unterhalb der Schöberspitze 2602 m. Vor dem Abzweig zum See geht es in vielen Serpentinen hoch, den Blick immer auf den Olperer gerichtet, über das Steinerne Lamm 2.528 m zur Geraer Hütte auf 2.326 m Höhe. In der Nähe von Toldern liegt etwas versteckt auch das kleine Wallfahrts Kirchlein „Zur Kalten Herberge“. Ein schöner Waldweg führt von dort über den Loreswald zurück nach St. Jodok. Wer möchte kann einen Abstecher zur Ottenspitze 2.197 m machen. Ein kurzer aber sehr steiler Aufstieg erwarten einen. Unvergessen ist auch die Alm „Edelraute“. Aus Altersgründen musste diese 1998 schließen. Damals kostete eine Fritatensuppe 7 Schilling, eine DM oder 0,50 Cent. Von dort führten herrliche Wanderungen, auf den Sumpfkopf 2.341 m, zurück über das Hochgenein 1.981 m, Hochgeneinerhof bis zum Ausgangspunkt. Seit 2012 gehören St. Jodok aber auch Schmirn zu den Bergsteigerdörfern in Tirol. Seitdem gibt es auch den Peter Kofler Klettersteig in der Stafflachwand. Dies ist aber mehr etwas für die Kletterer, wir sind mehr die klassischen Wanderer. Das heißt aber auch, dass wir auf einigen Touren ausgesetzte Wege und Kletterhilfen wie Seile oder Leitern überwinden mussten. Dann heißt es, gut festhalten und sichern. Weite Teile des Valsertals mit seinen 12 km wurden in Österreich bereits 1942 unter Naturschutz gestellt. Ein Grauerlenwald mit seichten Wasserläufen und sein unglaublicher Artenreichtum sind einzigartig. Dies betrifft eigentlich das gesamte Wipptal.

Das Valstal

Allein im hinteren Valstal gibt es 15 Hauskapellen auf einer Strecke von nur 7 km, welche im Privatbesitz sind und jedem Besucher offenstehen. Hier ist eine tiefe Gläubigkeit erkennbar. Die Anwohner wissen auch um die Gefährlichkeit der Berge und deren Naturgewalten. Der Klimawandel ist auch hier durch häufige Hochwasser, Muren und Felsabbrüche sichtbar. Stärkere Niederschläge und höhere Temperaturen tragen zu diesen schlimmen Naturereignissen bei. Das jüngste größere Ereignis fand an Heiligabend 2017 statt. Nach einem Felsabsturz im Valstal, in der Nähe vom Abzweig nach Padaun, waren 150 Menschen von der Außenwelt abgeschnitten. Vor dem Felsabsturz sind wenige Minuten vorher einige Familien zur Christmette nach St. Jodok gefahren. Zum Glück sind weder Menschen noch Gebäude zu Schaden gekommen. Es werden immer mehr Schutzmaßnahmen erforderlich um Mensch und Tier zu schützen. Eine tiefe Frömmigkeit ist festzuhalten. Auch Alm- oder Bergmessen sind nicht nur bei den Touristen beliebt. Fast das ganze Dorf ist auf den Beinen um zu beten aber hinterher zu feiern, denn das gehört auch dazu. Da wird auch schon mal ein stundenlanger Auf- und Abstieg in Kauf genommen. Man kann einfach nur eine tiefe Verbundenheit der heimischen Bevölkerung feststellen und betrifft alle Vereine in den jeweiligen Orten. Sie halten einfach zusammen! Am Ende des Valstal befindet sich die Touristenrast. Ausgangspunkt zur Geraerhütte und Olperer aber auch zur Landshuter Hütte mit dem Kraxentrager 2.999 mhoch. Der Geisbeckweg führt vorbei an der Zeisch, Stierkar, Lange Wand und Sumpfschartl bis zur Europa- oder auch Landshuterhütte genannt auf 2.713 m. Besonderheit der Hütte ist, man schläft in Italien und speist in Österreich. Die Staatsgrenze verläuft mitten durch die Hütte. Am nächsten Morgen folgt, wenn man Glück hat, ein Aufstieg über den Wolken zum Kraxentrager. Welch ein Erlebnis! Zurück geht es dann durch das kleine Venntal an der Antoniusquelle vorbei bis zum Bhf. Brennersee und von dort mit dem Zug zurück nach St. Jodok. Dann hat man gut 1.700 Hm abwärts in den Beinen und weiß was man getan hat.

Die Serles

Als einen weiteren Höhepunkt ist die Serles 2.717 m zu sehen. Von Matrei aus führt eine Mautstraße zur „Maria Waldrast“. Vom Stubaital, sowie mit der Seilbahn von Mieders aus, bestehen noch weitere Möglichkeiten Maria Waldrast zu erreichen. Ein Kloster auf 1.638 m; mit hervorragender Klosterküche, der Klosterkirche, einer kleinen Kapelle, Souvenirladen und einem Brunnen aus dem Besucher von nah und fern Heilwasser abfüllen. Hier ist ein Ausgangspunkt u.a. für die Serles. Fast 1.100 Hm fordern den Wanderer schon heraus. Im letzten Anstieg muss eine Eisenleiter überwunden werden und die letzten 350 Hm führt der Weg steil über Geröll und Stein. Der Wind pfeift auch schon heftig. Die frechen Dohlen umkreisen akrobatisch das Gipfelkreuz in der Hoffnung ein paar Brotkrumen von den Wanderern auffangen zu können. Es sind schon interessante Geschöpfe, aber auch die heimlichen Herrscher der Gipfel. Steinadler oder Geierarten sind im Wipptal eher selten zu beobachten. Die Serles ist ein wunderschöner Aussichtsberg mit einem Blick in alle Richtungen. Man nennt ihn auch den „Altar Tirols“, wegen seiner markanten Form. Unterhalb vom Kloster Maria Waldrast gibt es den Quellenweg aber auch den Schöpfungsweg. Am Schöpfungsweg hat man das alte und mächtige Serleskreuz wieder aufgebaut. Es trägt in großen Lettern die Inschrift: „HERR SEGNE DIE HEIMAT.“ Daneben wurde auch ein Gedenkstein mit einer Tafel für den unvergesslichen Bischof von Innsbruck, Reinhold Stecher, aufgestellt. Er war nicht nur Bischof, sondern Autor, Maler und auch Bergsteiger. Wegen seiner Nähe zu der Bevölkerung, aber besonders zu seinen Bergen und der Natur fand er viel Anerkennung und war sehr beliebt. Er zeigte eine große Empathie und hatte ein gutes Gespür für die einfachen Leute in den Bergen. Von ihm stammt auch der Spruch: „Viele Wege führen zu Gott, einer geht über die Berge.“ Als er 1981 zum Bischof geweiht wurde lautete sein Wahlspruch „Dienen und Vertrauen.“ Die meiste Zeit seines Schaffens hat Bischof Stecher in Innsbruck verbracht, wo er auch 2013 im Alter von 91 Jahren verstarb.

Padaun

Zum guten Schluss ist nun landschaftlich und bergtechnisch Padaun zu sehen. Padaun ist ein Seitental vom Valstal in 1.600 m Höhe. Da ist nichts besonders hoch, sondern einfach nur schön. Hier erschließt sich wieder eine andere Welt! Dort befindet sich auch der Hausberg von St. Jodok, der Padauner Kogel, 2.066 m hoch. Auch dieser Berg ist genau wie die Serles ein schöner Aussichtsberg. Weitere Gipfel von Padaun aus sind die Vennspitze 2.390 m, Roßgrubenkogel 2.450 m, Silleskogel 2.418 m und der Geierschnabel 2.353 m. Nicht zu vergessen ist auch die winzige Kapelle „Zum Blinden Herrgott“, welche am Ende des Hochtales von Padaun liegt und bequem in gut 20 Minuten vom Steckholzer zu erreichen ist. Ein schöner Spaziergang auf guten Wegen. Mit viel Glück kann man auch die Gämsen beobachten. Neben wenigen Wohnhäusern und Bauernhäusern gibt es das Gasthaus „Steckholzer“. Wirtin Martina ist die gute Seele des Hauses. Was hat die Küche alles zu bieten; von der Fritatensuppe über Tafelspitz, Tiroler Gröstl, Knödel aller Art, einen „guaten“ Rindsgulasch oder Gamsbraten, Wiener Schnitzel sowieso bis zum Kaiserschmarrn und noch vieles mehr, wie z.B. auch Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Es gibt es auch schon mal was, was nicht auf der Karte steht. Hier ist der Gast auch König und das wissen viele, auch aus dem näheren Umland. Auch hier gilt das gleiche wie im Gasthaus in Vinaders oder wie bei vielen anderen auch. Hier schafft ein Familienteam, ein Rädchen greif in das andere. Wenn die Hütte rappelvoll ist, steht auch mal der Bauer, der nicht nur die Kühe versorgen muss, mit in der Küche. Er weiß auch wie es geht und der Feierabend kann dann auch schon mal in weite Ferne rücken.

Allgemein

Was aber das Wipptal besonders für mich auszeichnet ist, es findet kein Massentourismus statt. Man muss auf die Gipfel schon zu Fuß hochkraxeln. Eine wunderschöne Fauna und Flora erwartet einen. Es kann passieren, dass man außer Murmeltieren, Gämsen, Rotwild, Kühen, Schafe oder Ziegen unterwegs niemanden begegnet. Wer das sucht, ist hier genau richtig. Allerdings schadet es nicht, alle Touren sorgfältig zu planen, sei es die Einkehr wo auch immer. Auch einen aktuellen Fahrplan für Busse oder Bahnen sollte man im Gepäck haben. Wenn man diese Kleinigkeiten beachtet, kann alles wunderbar werden in dieser einzigartigen Kultur-Landschaft. Eine weitere Besonderheit bietet die Brennerbahn. In St. Jodok gibt es einen Kehrtunnel, welcher Eisenbahnfreunde aus der ganzen Welt anzieht. Schönere Fotomotive wie hier finden sich nicht mehr auf dieser Strecke. Sie bedeutet aber auch eine technische Meisterleistung, welche von 1864 bis 1867 gebaut wurde. Die Bahn musste auf einer Gesamtlänge von 120 km einen großen Höhenunterschied bewältigen. Im Jahre 2028 wird voraussichtlich der Basis-Tunnel zwischen Innsbruck und Franzensfeste diese Strecke ersetzen. Dann wird nur der Regionalzug zwischen Brenner und Innsbruck fahren. Das heißt aber auch, es wird bedeutend ruhiger in St. Jodok und auch woanders im Wipptal. Für diese Ruhe haben die Anwohner des Wipptals lange gekämpft. Es gibt mit Sicherheit noch vieles was noch erwähnt werden könnte, aber man sollte nicht alles verraten. Hinfahren und entdecken!

Fortsetzung Allgemein

Was ich aber noch erwähnen möchte ist eine kleine Statistik unserer Wanderungen. Wegen der Nähe zu Südtirol, sind diese Ziele mit aufgeführt. Auch dort befindet sich eine Bergwelt, welche sich lohnt zu erkunden. Wir haben Touren bis zum Gardasee gemacht und sind das gesamte Inntal rauf und runtergefahren. „Innsbruck ich muss dich lassen…!“ Wer kennt nicht das Goldene Dachl mit seinen 2657 feuervergoldeten Kupferschindeln, den Hofgarten, die Hofburg mit den bekannten Promenadenkonzerten, die wir oft besucht haben, die Schwarz-Mander-Kirche, den Alpenzoo, die Karwendel- und Hungerburgbahn, die Sprungschanze von Berg Isel sowie das beeindruckende Rundgemälde von der Schlacht Isel im Jahre 1809 mit Andreas Hofer um nur einige Sehenswürdigkeiten zu nennen. Aber die Anzahl aller Gipfel, Hütten, Almen, Bergseen oder ähnliches aufzuzählen erlaube ich mir trotzdem. Altersbedingt hat in jüngerer Zeit auch schon mal eine Seilbahn nützliche Dienste geleistet. Bei dem Einen ist es aufwärts die Luft, bei dem Anderen sind es abwärts die Knie. Eine Talwanderung kann auch eine gute Alternative sein. Berge sehen auch von unten schön aus, nur eben etwas anders.

Vollständigkeitshalber möchte ich anmerken, dass die Wanderurlaube mit unterschiedlichen Besetzungen stattgefunden haben. Es ging zu zweit, zu dritt, später auch zu viert in die Berge. Mal war es ein Bruder von mir dabei, zu Beginn der Touren war auch mein Sohn öfter mit, und wie schon erwähnt waren wir zumeist zu dritt und ab 2010 waren wir zu vier Brüder unterwegs. 1996 hat meine Tochter uns besucht und ist einige Touren mitgelaufen. Wir mögen die Tiroler Küche, ihre Brauchtumspflege und die Art und Weise wie sie ihre unverkennbare Musik präsentieren, insbesondere die Blasmusik. Schöne Musikpavillons mit einer guten Ausstattung auf dem Festplatz, sind in Tirol Standard. Gutes Essen und Trinken und beste Unterhaltung sind inklusiv. Wer jemals einen Almabtrieb, BataillonsSchützenfest oder ein Bezirks-Musikfest in Tirol erlebt hat, wird berauscht von den Trachten, aber auch von der Musik, vom Marsch bis zum Konzertstück. Auch auf ihren Festen zeigen die Tiroler ihre Lebensfreude. Wenn die Tiroler Theater spielen, wird es spannend. Auch wenn wir nicht immer alles verstanden haben, den Lachern der Einheimischen zufolge, war es manches Mal äußerst derb bis lustig. Jedenfalls hatten alle ihren mordmäßigen Spaß.

Zum guten Schluss muss auch die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Familie E. erwähnt werden. Über 400 Übernachtungen bedürfen keiner weiteren Erklärungen. Wenn wir in St. Jodok sind, sind wir zu Hause. Das kann man nicht oft genug sagen und viel mehr geht eigentlich im Prinzip nicht! Legendär war aber auch das traditionelle „Ladinische Wattenspiel“ mit vier Spielern, öfters bis spät in die Nacht hinein. Ein Kartenspiel mit „Deutschen Spielkarten“, was einem Rheinländer wirklich alles abverlangt. Da gibt es Herz, Laub, Eicheln und Schellen; Ober, Unter, die Welli, die Rechten und Unrechten. Das Tolle an dem Spiel ist, man weiß nicht immer warum man verloren hat. Wer soll da noch durchblicken? Trotzdem macht das „Watten“ mit Eders viel Freude. Als weiteren Höhepunkt sollte das Grillen bei E. an schönen Tagen, sowie an Regentagen das obligatorische Reibekuchenbacken von uns nach rheinischer Art bleiben. Der in sich selber ruhende und bodenständige Tiroler und der fröhliche Rheinländer, der in seiner Leichtigkeit stets versucht und glaubt gleichzeitig in alle Richtungen laufen zu können entwickeln Gemeinsamkeiten, die ich so nicht für möglich gehalten hätte. Der Tiroler und der Rheinländer passen trotz vieler Unterschiede gut zusammen. „Passt schon!“ Auch die Gastfreundschaft von Monika und Hans E. in ihrem schönen und alten Bauernhaus in der Schmirn Leite, fernab von jeglichem Trubel in ihrer wunderbaren Idylle, bleibt in unserem Gedächtnis fest verankert.

Eine kleine Wander-Statistik

Wir haben 37 verschiedene Gipfel bestiegen, davon viele auch mehrmals. Spitzenreiter ist der Padauner Kogel mit 8 mal, die Serles  4 mal, sind aber insgesamt 77 mal auf einen Gipfel gekraxelt. Manchesmal ging es leicht, manchmal musste man auch den inneren Schweinehund überwinden. In Südtirol wären die Weißhornspitze, Telfer Weißen, Jaufenspitze aber auch der Rosskopf bei Sterzing zu erwähnen. Unzählige Jöchl, Scharten, Bergseen, Besinnungswege, Schöpfungswege, Aussichtspunkte, Wasserfälle, Zirbenweg, Wald u. Wiesenwege, Pilgerwege, Panoramablicke,Begehbare Sonnenuhr, Adlerblick, Klamms, Hütten und Almen haben wir erwandert. Manchesmal haben wir mehrere der Aufzählungen zwangsläufig erlebt, da sie zufällig auf dem Weg lagen. Alles wurde in dem Wanderbuch „25 Jahre St. Jodok“, welches auch die Familie Eder und meine Wanderbrüder besitzen, registriert. Wir sind aber in allen Hütten, Almen oder Berg-Gasthäusern, gesamt in 110 mindestens einmal eingekehrt und alle sind zu Fuß erwandert worden. Insgesamt sind bis 2022 ca. 100.000 Hm erreicht worden. Die Wegstrecke betrug ca. 1.500 km. Das mag mathematisch auf diese lange Zeit wenig sein, sollte aber bedenken, dass es in den Bergen manchmal schon steil hochgehen kann. Man rechnet im Schnitt für 100 Hm eine viertel Stunde. Wir sind ca. 650 Stunden gelaufen, bei 400 Urlaubstagen. Hier sollte man berücksichtigen, dass es auch in den Bergen Regentage gibt. Dann stand auch schon mal Innsbruck oder Sterzing in Südtirol auf dem Programm. Ein Saunatag oder nichts tun und die Füße hochlegen, kann auch schön sein. Der Weg war immer unser Ziel. Wir sind auch schon wenige Meter vor einem Gipfel umgekehrt, weil das Wetter nicht mitspielte. So ist es uns auch beim Olperer ergangen, dem höchsten Berg der Zillertaler oder auch Tuxer Alpen. Ein Berg den wir fast tagtäglich majestätisch vor unseren Augen hatten, haben wir leider nie geschafft und werden es auch nicht mehr versuchen. Es gibt schlimmeres! Übermut kann in den Bergen auch gefährlich sein. Die angegebenen Touren können in vielen Fällen um andere Varianten erweitert, aber auch verkürzt werden. Es tun sich unzählige Möglichkeiten auf. Das hängt von der Kondition, aber manches Mal auch von der Zeit ab. Noch was, man muss in den Wipptaler Bergen die Ruhe und Gelassenheit nicht suchen. Nein, sie ist schon lange da und kann Balsam für manch´ überstrapazierte Seele sein. Wenn jemand Ruhe sucht und einmal von diesem „Virus“ gepackt ist, wird immer wieder zurückkehren und sich in dieser anderen Welt sehr wohlfühlen. Man muss sich nur darauf einlassen wollen! Unser Wander-Motto lautete:

„Nur wo du zu Fuß warst, bist du wirklich gewesen.“

Hermann Görtz,

Dezember 2022

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